VITA Zahnfabrik
H. Rauter GmbH & Co. KG
Spitalgasse 3
79713 Bad Säckingen
Klinische Erfolgsfaktoren bei vollkeramischen Versorgungen
Seit zwei Jahrzehnten werden mit der Ceramic Success Analysis (CSA) der AG Keramik Daten zu vollkeramischen Versorgungen dokumentiert und analysiert. Im Rahmen dieser multizentrischen internetbasierten Studie wurden nun die Datensätze von mehr als 12.000 Versorgungen aus 150 Praxen statistisch ausgewertet. Der Datenpool umfasst neben dem Ausgangsbefund auch die klinische Verfahrensweise, den verwendeten Werkstoff und die Verarbeitungstechnik. Der Beobachtungszeitraum liegt bei bis zu 20 Jahren. Im folgenden Interview erläutert der Vorsitzende der AG Keramik, Zahnarzt Dr. Bernd Reiss, welche Erkenntnisse diese Langzeitbeobachtung zu potenziellen klinischen Erfolgs- und Risikofaktoren aufzeigt.
DV: Wie werden bei der Ceramic Success Analysis klinische Daten erhoben und ausgewertet?
Dr. Bernd Reiss: Die an der CSA teilnehmenden Zahnärzte geben ihre Daten auf der Internetplattform www.csa-online.net ein. Dort wird für jeden Teilnehmer eine eigene Datenbank erstellt, sodass Voreinstellungen gemacht werden können. Die Auswertung kann jederzeit online abgerufen werden; eine dezidierte Auswertung mit Kommentaren und individuellen Anregungen erfolgt einmal pro Jahr.
DV: Welche vollkeramischen Versorgungsarten zeigen bei der multizentrischen CSA-Studie die besten klinischen Erfolgsraten?
Dr. Bernd Reiss: Grundsätzlich zeigen alle vollkeramischen Restaurationen gute Ergebnisse. Inlays, Onlays und Teilkronen haben allerdings bessere Erfolgsraten als die klassische Vollkrone.
DV: Was für eine Rolle spielt der Grad der Invasivität für eine positive Langzeitprognose bei vollkeramischen Versorgungen?
Dr. Bernd Reiss: Die Invasivität hat – überraschenderweise – keinerlei Einfluss auf die Langzeitprognose. Jedenfalls haben große Restaurationen mit Ersatz von teilweise mehreren Höckern eine ebenso gute Prognose wie ein- bis dreiflächige Inlays. Eine defektorientierte Vorgehensweise ist jedoch sowohl beim Ersatz insuffizienter plastischer Füllungen als auch bei der Versorgung umfangreicher Defekte mit fehlenden oder unterminierten Höckern empfehlenswert. Denn der Weg von der Teilrestauration zur Vollkrone ist bei einem eventuellen Versagen dann immer noch möglich. Der umgekehrte Weg geht nicht.
DV: Welche vollkeramischen Zahnersatzmaterialien haben sich bislang im Praxiseinsatz besonders gut bewährt?
Dr. Bernd Reiss: Die VITABLOCS-Feldspatkeramik weist als Klassiker unter den CAD/CAM-Vollkeramiken sehr gute Ergebnisse auf. Selbst bei Kronenversorgungen ist dieser Werkstoff den hochfesten Materialien interessanterweise nicht unterlegen. Dies liegt vielleicht auch an der akribischen Einhaltung der Mindestwandstärken durch die Zahnärzte, die sich für dieses Material entscheiden.
DV: Bei welchen Indikationen sowie Formen der Materialverarbeitung und -befestigung steigt die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen?
Dr. Bernd Reiss: Die größte Risikogruppe, die wir identifizieren konnten, sind primär avitale Zähne. Dies gilt sowohl für Kronen als auch für Teilrestaurationen. Patienten müssen über dieses erhöhte Risiko aufgeklärt werden. Implantatversorgungen schneiden hingegen besser ab als der Durchschnitt. Die strikte volladhäsive Befestigung zeigt bessere Ergebnisse als die selbstadhäsive und klassische Zementierung, wobei die Unterschiede nicht so groß sind, wie ich das erwartet hätte. Das Gleiche gilt für den positiven Einfluss durch die Verwendung eines Kofferdams. Das Weglassen von Silan hat einen negativen Einfluss auf die Prognose der keramischen Versorgung.
DV: Wie groß ist der Einfluss des Behandlers auf die klinische Langzeitbeständigkeit von Versorgungen?
Dr. Bernd Reiss: Der Behandler hat einen sehr großen Einfluss auf das Ergebnis. Das ist einer der Hauptgründe für den Erfolg und die Wichtigkeit der CSA. Es gilt, dem Zahnarzt Stärken seiner Behandlung aufzuzeigen, aber auch auf Risiken hinzuweisen, die zu einer erhöhten Misserfolgsrate führen können. Liegen erhöhte Misserfolge vor, können Behandler mithilfe der CSA ihre Vorgehensweise und Materialauswahl analysieren und anhand der daraus abgeleiteten Erkenntnisse eine klinische Erfolgsverbesserung erreichen.
DV: Welche Behandlungsschritte sollten Zahnärzte besonders beachten, damit vollkeramische Versorgungen eine gute Langzeitbeständigkeit erreichen?
Dr. Bernd Reiss: Defektorientiert arbeiten und die Herstellerempfehlungen einhalten sind sicherlich zwei wichtige Pfeiler für den langfristigen klinischen Erfolg.
Bericht 11/18
Dr. Bernd Reiss
Malsch, Deutschland
Abb. 1: Kaplan-Meier-Analyse: Die jährlichen Misserfolgsraten blieben über einen Beobachtungszeitraum von 20 Jahren auf einem konstant niedrigen Niveau von 0,5 -0,9 % p.a.; N = 9542 Restaurationen.
Quelle: Dr. Bernd Reiss, CSA-Datenbank, Bericht: 11/18
Abb. 2: Datenanalyse Misserfolge nach Ursachen: Häufigste Misserfolge sind Frakturen und endodontische Komplikationen.
Quelle: Dr. Bernd Reiss, CSA-Datenbank, Bericht 11/18
Abb. 3: Kaplan-Meier-Analyse: Die Auswertung der Überlebensrate ein- bis fünfflächiger Teilrestaurationen im Vergleich zu Kronen zeigt für Kronen eine geringere Überlebensrate.
Quelle: Dr. Bernd Reiss, CSA-Datenbank, Bericht 11/18
Abb. 4: Kaplan-Meier-Analyse: Signifikant niedrigere Überlebensrate von Versorgungen auf avitalen Zähnen im Vergleich zu vitalen Zähnen.
Quelle: Dr. Bernd Reiss, CSA-Datenbank, Bericht 11/18
Abb. 5: Ausgangssituation/Präparation.
Abb. 6: Baseline-Untersuchung; VITABLOCS-Vollkeramikkronen (24 – 27).
Abb. 7: VITABLOCS-Kronen bei Nachkontrolle nach 17 Jahren.
Abb. 8: VITABLOCS-Kronen Nachkontrolle nach 20,5 Jahren.
Bildquelle: PD Dr. Andreas Bindl, Zürich, Schweiz