Prothetische Verbundlösung aus ZrO2 und Hybridkeramik für hohe Kaukraftbelastung
Bei Parafunktionen, manifestiertem Bruxismus und implantatgetragenem Zahnersatz sind prothetische Versorgungen besonders hohen Belastungen ausgesetzt. Aufgrund der enormen Kaukräfte erhöht sich in solchen Fällen das Risiko von Frakturen oder Chippings. Sogenannte prothetische Verbundlösungen können diese Risiken minimieren. In ihrem Fallbeispiel zeigen Zahntechnikermeister Hans Jürgen Lange und Zahnarzt Dr. Michael Weyhrauch die Versorgung einer Patientin mittels Verbundbrücken. Dieses Versorgungskonzept basiert auf einer hochfesten Zirkondioxid-Gerüststruktur und einer elastischen Hybridkeramik-Verblendstruktur.
1. Die Befundsituation
Eine 52-jährige Patientin litt unter Kiefergelenksschmerzen und zeigte deutliche Hinweise auf Bruxismus an der Zahnhartsubstanz. Trotz erfolgreicher Schienentherapie war eine neue vollkeramische Brückenversorgung von 43 und 44 auf 47 im vierten Quadranten frakturiert. Auch eine langzeitprovisorische Versorgung aus PMMA konnte daraufhin den erhöhten Kaukräften nicht lange standhalten. Zahnarzt und Zahntechniker diskutierten den Fall und entschieden sich dafür, diese Patientin mit Verbundbrücken aus VITA YZ T-Zirkondioxid und VITA ENAMIC multiColor-Hybridkeramik (beide VITA Zahnfabrik, Bad Säckingen, Deutschland) zu versorgen.
2. Das Verbundkonzept
Mit Biegefestigkeiten von rund 1.200 MPa hat sich Zirkondioxid als hochfester Gerüstwerkstoff hervorragend bewährt. Doch bei extremer Kaukraftbelastung können vor allem im Bereich der Verblendung Frakturen oder Chipping auftreten, da Vollkeramiken eine hohe Sprödigkeit aufweisen. Elastische Materialien mit kaukraftabsorbierenden Eigenschaften wie die Hybridkeramik VITA ENAMIC sind hier eine interessante Werkstoffalternative. Bei einer Verbundbrücke wird die hohe Festigkeit einer Zirkondioxid-Gerüststruktur mit der Elastizität einer Hybridkeramik-Verblendstruktur intelligent kombiniert. Die Hybridkeramik VITA ENAMIC basiert auf einer strukturgesinterten Glaskeramikmatrix (86 Gew.-%), die mit einem Polymer (14 Gew.-%) infiltriert wird. Durch diese einzigartige duale Keramik-Polymer-Netzwerkstruktur verfügt der Werkstoff über eine dentinähnliche Elastizität, was positive Effekte bei Versorgungen mit hoher Kaukraftbelastung erwarten lässt.
3. Digitaler Workflow
Für die Herstellung der Verbundbrücke wurden die Brückenpfeiler analog abgeformt. Auf dieser Grundlage wurde ein Meistermodell hergestellt und mit dem Laborscanner inEos X5 (Dentsply Sirona, Bensheim, Deutschland) digitalisiert. Auf dem virtuellen Modell wurde mit der exocad-Software (exocad, Darmstadt, Deutschland) zunächst eine vollanatomische Brücke konstruiert, die danach per Knopfdruck anatomisch reduziert wurde. Die Gerüstkonstruktion wurde gefräst, nachgearbeitet, gesintert und erneut gescannt, um darauf sechs monolithische Verblendstrukturen zu konstruieren und ebenfalls CAD/CAM-gestützt mit dem inLab MC XL-System (Dentsply Sirona, Bensheim, Deutschland) zu fertigen.
4. Finalisierung und Eingliederung
Die hybridkeramischen Verblendstrukturen wurden an den Klebeflächen mit Flusssäure geätzt und silanisiert, das Zirkondioxidgerüst wurde sandgestrahlt. Die adhäsive Verklebung wurde mit dem dualhärtenden Befestigungskomposit RelyX Unicem 2 Automix (3M, Seefeld, Deutschland) durchgeführt. Nach der Entfernung von Kompositresten erfolgte die abschließende Politur mit Ziegenhaarbürste und Diamantpolierpaste. Seit der selbstadhäsiven Eingliederung im Jahr 2017 sind die Verbundbrücken komplikationsfrei in situ. Die Patientin zeigte sich von dem angenehmen, zahnähnlichen Kaugefühl begeistert.
Bericht 07/19
Dr. Michael Weyhrauch, Mühltal, und Hans Jürgen Lange, Darmstadt, Deutschland
Abb. 1: Ausgangssituation mit präparierten Stümpfen an 43, 44 und 47.
Abb. 2: Das anatomisch reduzierte Brückengerüst in der exocad-Software.
Abb. 3: Auf dem CAD/CAM-gestützt gefertigten Zirkondioxidgerüst wurden Verblendstrukturen aus Hybridkeramik konstruiert.
Abb. 4: Dank der geringen Mindestwandstärken der Hybridkeramik von bis zu 0,2 mm wirkt die Morphologie sehr natürlich.
Abb. 5: Palatinal enden die Verblendstrukturen im äquatorialen Bereich der anatomisch reduzierten Gerüstkonstruktion.
Abb. 6: Innerhalb einer Stunde wurden die Verblendstrukturen mit der inLab MC XL-Einheit geschliffen.
Abb. 7: Die fertig verklebte Brückenkonstruktion auf dem Modell von okklusal und lumenseitig.
Abb. 8: Die definitiv eingegliederte Verbundbrücke von okklusal.
Abb. 9: Ergebnis: Intraoral integriert sich die Brückenkonstruktion funktionell und ästhetisch sehr gut.